by Selim Özdogan

traueratem

wenn ich mal wieder zu lang alleine war
außer mir nur die sehnsucht sonst keiner da
reicht manchmal schon die frage wie die arbeit war
und ich schließ die augen und seh mich vor dem traualtar

ich konnte mich an den letzten kuß erinnern
aber nur noch ganz vage
lange war da schon keine frau die wollte
daß ich sie zum tanz frage
und selbst wenn da welche waren
die mir dies und das gewährt hätten
für mich ist es oft genug verkehrt
aufzuwachen in fremden betten
verwickelt zu werden mit körpern
und gefühlen
die sich anders entwickelt hätten
wenn da mehr zeit gewesen wäre
hätte ich sie lösen können
die ketten
der begierde
was ich sagen will
ist daß die meisten mich nicht wirklich interessieren
nicht auf dauer zumindest
und was soll ich mit einer frau
die nur für eine nacht in ist
oder auch für zwei oder drei und auch vier monate sind nur zeitvertreib

aber ich wollte mir nicht die zeit vertreiben
ich wollte eine und dann bei ihr bleiben
so blieb ich allein mit dem wunsch nach nähe
den ich oft genug auch in anderen augen sehe
und vielleicht ist es dieser wunsch
der uns gegenseitig anzieht
auszieht
und schließlich zusieht wie jeder seines weges geht

schönheit ist gefährlich für einen menschen mit wünschen

zuerst fiel mir nur diese geste auf
wie sie zeige und mittelfinger ins meer taucht
und dann die finger an die lippen führt
und ich stellte mir vor
wie sie auch auf das klatschen gegen die klippen hört

ob ich noch etwas möchte
wollte sie später wissen
zu trinken
ne jacke
n riegel
ein kissen
ich hatte keinen hunger
keinen durst
ich war nicht müde
mir war nicht kalt
wir hatten geredet
stundenlang reden
als würde es nur uns und den klang der worte geben
bis wir fast auf den klängen schweben
wann hatte sich das letzte mal jemand um mich gekümmert
wann hatte ich geredet bis es dämmert
doch es dämmerte mir auch
daß ich mich verlieben könnte in jede
die mit kissen, jacke, drink oder riegel käme

ich war nicht müde
mir war nicht kalt
halt
das war vielleicht ne lüge
erlaubt
daß ich hinzufüge
daß ich vorher einsam war
und wenn ihr glaubt
daß ich mich wiederhole
heißt das vielleicht
daß ihr nicht wißt
wie es ist
wenn man zu lange alleine ist

ich war ganz klein geworden
mein begehren war gewachsen
ich war nicht bei mir selbst
und vieles was ich sagte schwachsinn
doch dann saß ich da mit ihr
und dachte
diese dame hier
die könnte es doch sein
das ende von
jeden tag allein
und ich wußte ich hatte das schon zu oft gedacht
in so mancher nacht und auch im morgengrauen
und es ist genau dieser gedanke aus dem sich später neue sorgen brauen
weil die zeit ins spiel kommt und man vergißt
daß jede geste ein versprechen war
ob man wollte oder nicht
und dann wird aus dieser nacht ein weiteres versprechen das man bricht
ein versprechen ein herz ein wort
sie ist fort oder du bist nicht mehr da
und es war wieder nur ein traum
halt verbundenheit traualtar

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Nichts als Sonntag

Sonntag Nachmittag, wärmende lähmende Lethargie erfüllt mich. Die Augenlieder sind mir schwer. Und doch ist es schön. Es regnet, es dunkelt bereits. Und doch fühlt es sich gerade zu gut an, zu beobachten wie die schrägen Regenspritzer sich auf der Fensterfront anhäufen. Mit angewinkelten Knien, lasse ich den Blick eine Runde durchs Zimmer spazieren. Der Welt schönsten Zimmers. Erstes Deftones Poster, Fernseher, zweites Deftones Poster, fünfmal Benno, gut gefüllt, Postkarten, Photos, Konzerttickets, die Fensterfront, der Schreibtisch, Regale... ER.

Ich stoppe bei dieser Person, der einzigen außer mir in diesem Zimmer. Das so sehr geliebte Gesicht wird vom bläulichen Licht des Laptops erhellt. Ein hastiges Getippe, konzentrierter Blick, leichtes Runzeln der Stirn, gefolgt von Innehalten und kaum hörbarem Murmeln der letzten zusammengefügten Satzkonstruktionen. Ein weiteres Runzeln und das Tippen setzt wieder ein. Eine weiter Runde lasse ich meine Augen gehen, doch diesmal nicht durch das Zimmer. Diesmal über diese Person, die einzige außer mir in diesem Zimmer. Die blauen Augen, die Nase.. diese besonders schönen Nase, die kleinen Einbuchtungen oberhalb der Nasenlöcher, die schmalen schönen Lippen, zurück zu den Augen, weiter über die Wangenknochen, die Ohren, verharre am markanten Kieferknochen und rutsche ab zum Kinn. Jahre sind vergangen und um ein seliges Grinsen inklusive einer wohligen Wärme im Inneren komme ich nicht drum herum. Der Blick kehrt zurück zum Ausgangspunkt dieser Geschichte; zum Buch, das auf meinen angewinkelten Knien ruht. Ein Pärchen, irgendwo im Urlaub, in irgendeinem Hotel, mit irgendwelchem Sex beschäftigt. Nichts ergreifendes. Nur ermüdendes. Nur noch einmal kurz linsen. Rüber zu dieser Person, der einzigen außer mir in diesem Zimmer. Er steckt sich gerade eine Zigarette an. Ein kurzes Auflodern der Feuerzeugflamme, das Knirschen des nun brennen Glimmstängels. Einatmen, das kaum merkliche Anwinkeln des Kopfes, Ausatmen des Rauchs. Der Blick derweil ruht auf dem Geschriebenen. Doch er beginnt zu wandern, noch während der letzte Rest vom Rauch den Mundraum verlässt. Ein Grinsen, honigpferdiger es nicht sein könnte, erhellt das Gesicht und meines auch. „Alles ok? Ist was?“ „Nein. Nichts.“

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Last update: 05.12.19, 23:36


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    so schaut's aus
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    by ginsoaked (07.11.07, 10:06)
    knapp vorbei... ...ist auch daneben
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    by ginsoaked (22.07.07, 15:31)
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